Szenenphoto aus Unter Verdacht - Willkommen im Club, © Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF)Synopsis in German
Bei dem Versuch, eine Bande von Autoschiebern zu verhaften, kommt es vor Ort zu einem Kompetenzgerangel zwischen dem Staatsanwalt und der leitenden Polizistin. Bis auf einen können die Gangster fliehen. Bei der Flucht wird einer der Polizisten – der Ehemann der Einsatzleiterin Daniela Groeber – lebensgefährlich verletzt.
Für Eva Maria Prohacek ist der Fall klar: Daniela Groeber, Chefin der Abteilung "Organisierte Kriminalität", hat sich den Anweisungen des Leitenden Staatsanwaltes Koch widersetzt, als dieser mit Recht den Abbruch des Zugriffs verlangte. Prohaceks Assistent Langner hingegen verteidigt das Verhalten der Polizistin. Nachdem Eva Maria Prohacek die Akte Daniela Groeber mit einem disziplinarischen Verweis an ihren Chef Claus Reiter übergeben hat, kommen ihr Zweifel. Nicht nur, dass Reiter ausgesprochen zufrieden über ihre Entscheidung ist, ausgerechnet der Vorgesetzte von Staatsanwalt Koch, Dr. Klaffenboeck, der auf eine schnelle Entscheidung drängte, beschenkt Reiter mit einem teuren Weinpräsent. Außerdem sitzt Erich Lomeier, zukünftiger Chef des Unternehmerverbandes und graue Eminenz der Partei, bei Reiter im Büro. Und Eva Maria Prohacek weiß, dass alle drei Herren Mitglieder im exklusiven Club Opus Bavariae sind.
Kurz darauf wird der Autoschieber Resajew, der von Daniela Groeber als Spitzel angeworben und entlassen wurde, tot aufgefunden. Prohacek findet heraus, dass der sympathische Staatsanwalt hohe Spielschulden hat. Außerdem gesteht ihr Daniela Groeber, dass sie ein Verhältnis mit Koch hatte. Zum selben Zeitpunkt wird ein gewisser Ivan Malik, der bei dem missglückten Zugriff entkommen konnte, in Frankreich mit einem der gestohlenen Fahrzeuge bei Tempo 320 geschnappt. Langner erfährt, dass Staatsanwalt Koch vor gut einem Jahr mit eben diesem Malik in einem Fall von Totschlag zu tun hatte, über den auf unerklärliche Weise die Akten geschlossen wurden.
Eva Maria Prohacek ist sich sicher, dass mehr hinter dem Fall steckt. Jemand muss damals Druck ausgeübt haben. Etwa Kochs Vorgesetzter Dr. Klaffenboeck? Und hat Erich Lomeier ebenfalls mit der Sache zu tun? Schließlich ist der Vater des Verhafteten ausgerechnet Wirtschaftsminister im Ölförderland Bakudistan. Eva Maria Prohacek bittet Daniela Groeber gegen ihren ehemaligen Geliebten Koch auszusagen. Vielleicht gelingt es ihr dadurch, den Staatsanwalt zum Sprechen zu bringen ... (ZDF Presse)
Interview mit Edward Berger (Regie)
Was zeichnet die Reihe ”Unter Verdacht” in Ihren Augen aus, in wie fern hebt sie sich von anderen Krimireihen ab?
Obwohl es selten um Mord geht, empfinde ich ”Unter Verdacht” als dunkler als viele andere Krimireihen. Und obwohl die Filme sehr spannend sind, wird dem Humor viel Platz eingeräumt – ich nehme an, das ist eine typisch münchnerische Qualität. Ebenso finde ich es eine großartige Idee, Evas Chef zum Antagonisten zu machen. Dieses sehr eng gestrickte Konstrukt birgt viel Potenzial für Spannung und Konflikt.
Was hat Sie daran gereizt, die Regie für dieses TV-Format zu übernehmen?
Mich hat das Milieu der Geschichte sehr interessiert – gerade in dieser Folge werden die ”Oberen Zehntausend” von München herrlich auf die Schippe genommen. Als Senta Berger das Drehbuch gelesen hat, sagte sie, es würde sie an ”Kir Royal” erinnern, was ich als großes Lob verstand. Die Mischung aus Spannung und bissigem Humor ist bei ”Unter Verdacht” einzigartig. Dabei die Balance zu halten, das war für mich als Regisseur sehr reizvoll.
Ebenso empfand ich die Verhörszenen als große Herausforderung. Diese Szenen sind bis zu 15 Minuten lang und spielen in einem kahlen Raum – es passiert halt nicht viel. Damit diese Szenen spannend bleiben, muss der Dialog schon sehr gut sein. Daran haben wir lange gearbeitet. Doch überraschenderweise sind es gerade diese Szenen, die aus den Filmen hervorstechen. Die Handlung verdichtet sich auf Eva Prohacek und ihren Gegenüber. Dabei ist es unglaublich faszinierend zu beobachten, wie Eva ihre ”Opfer” umgarnt und dann langsam aber sicher in die Falle lockt. Während in diesen Verhören die Machtverhältnisse kippen, hängt man geradezu an ihren Lippen.
Sie haben erstmals mit Senta Berger gearbeitet. Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit am Set?
Wunderbar. Wir haben viel geprobt, geredet und gelacht. Wenn es heißt ”Fertig zum Drehen”, dann ist sie immer die erste am Set. Sie steht und wartet, bis der Rest der Mannschaft eintrudelt.
Ist es schwierig, die Regie für ein bereits etabliertes Format zu übernehmen? Inwieweit beeinflusst diese Tatsache Ihre Arbeit als Regisseur?
Wenn man die Regie für eine Reihe übernimmt, sollte man nicht nur die Figuren, sondern auch den bereits etablierten Stil mögen. Man setzt natürlich Schwerpunkte, treibt seinen Film in die Richtung, die man für richtig und spannend hält, aber man fängt nicht bei Null an. Ich fand die ersten Folgen von ”Unter Verdacht” toll. Dunkel, spannend und dabei auch noch lustig. Die Geschichten waren gut, die Bilder großartig. Von daher gab es keinen Grund für mich, jetzt plötzlich alles anders machen zu wollen. Ich wollte mit meinem Film nur mindestens genau so gut sein.
Was zeichnet die Figur Eva Prohacek aus?
Der Autor der ersten Folgen hat ihr eine wunderbare Biografie gegeben: Sie hat bei einem Autounfall, bei dem sie selbst am Steuer saß, ihren Sohn verloren. Seitdem hat sie neu angefangen, ist geschieden, hat die Stadt gewechselt und einen neuen Job angenommen. Nach außen wirkt sie distanziert. In ihren Verhören kann sie sehr bissig sein: Während sie die Aussagen ihrer Gegenüber genüsslich zerpflückt und diese langsam feuchte Hände bekommen, bleibt sie die längste Zeit unglaublich freundlich, um dann im rechten Augenblick zuzuschlagen. Diese Stärken – ihre Intelligenz und ihre Intuition – gepaart mit ihren Schwächen, die auf das Trauma des Unfalls zurückgehen, das alles ist schon sehr stimmig. Eine Figur, die so fein ausgearbeitet ist, so was gibt es selten. (Das Interview führte Claudia Schrader, ZDF Presse)
"'Unter Verdacht' unterhält auf eine intelligente und spannende Art"
Interview mit Senta Berger (Dr. Eva Maria Prohacek)
"Unter Verdacht" ist ein ungewöhnliches Krimiformat im deutschen Fernsehen: keine klassischen "whodunit"-Krimis, wenig Action – hätten Sie zum Start der Reihe damit gerechnet, dass sie sich so erfolgreich etablieren wird? Womit erklären Sie sich diesen Erfolg, was ist das Besondere für‘s TV-Publikum?
Ich denke am Anfang einer Arbeit eigentlich nie weiter darüber nach, was der Film auslösen kann oder ob er dem Publikum gefallen wird. Ich versuche das zu machen, von dem ich selbst überzeugt bin, das mir persönlich gefällt. Dass ”Unter Verdacht” regelmäßig so ein großes Publikum gefunden hat, gerade am Samstagabend, war dann für uns alle eine schöne Überraschung und widerlegt völlig die gängige Meinung, dass am Samstag und um diese Uhrzeit nur sogenannte ”leichte” Unterhaltung beim Zuschauer ankommt. ”Unter Verdacht” unterhält auf eine intelligente und spannende Art, die geradezu zum Mitdenken und Miträtseln auffordert. Das Bier sollte man vorsorglich schon zu Beginn der Sendung bereit gestellt haben, um nur ja keinen kleinen Hinweis auf die Lösung zu versäumen.
Kernstück der Filme sind immer wieder die langen, intensiven Verhörszenen, in denen trotz wenig Aktion ein Maximum an Spannung entsteht. Was ist die besondere Herausforderung an Sie als Schauspielerin, diese sehr statischen Szenen so fesselnd mitzugestalten und zu prägen?
Der Szene ihren eigenen Rhythmus zu geben. Wenn man eine Katze beobachtet, wie sie sehr lange und scheinbar geduldig eine Maus beobachtet, ihr kleines Opfer fast in Sicherheit wiegt, und dann kommt ganz plötzlich ein Prankenhieb. Vielleicht sogar erst mehr spielerisch, um zu sehen: Wie reagiert die Maus, was wird sie tun? Und aus dieser Beobachtungsphase kommt erneut der Rhythmuswechsel: Jetzt schlägt die Katze schnell und sicher zu.
Die Verhöre in ”Unter Verdacht” haben natürlich viel von einem ”Katz und Maus”-Spiel. Sie gehen keinesfalls tödlich aus, das ist der Unterschied, aber dieses freundliche ”Sichumlauern”, Beobachten, um dann blitzschnell zuzuschlagen – das ist eine eigene Dynamik, die mir als Schauspielerin richtigen Spaß macht.
Gerade haben Sie in München den siebten ”Unter Verdacht”-Krimi abgedreht. Haben Sie seit dem ersten Fall der Eva Maria Prohacek Anfang 2003 eine besondere Beziehung zu dieser Figur aufgebaut, und können Sie die Entwicklung dieser Beziehung über die Jahre beschreiben?
Da ich so früh in das Projekt mit eingebunden war – zu einem Zeitpunkt, als wir alle noch zusammengesessen, laut gedacht, diskutiert und auch gestritten haben über: ”Was wollen wir erzählen?” Dass das kein neuer ”Tatort” wird und wir keine neue Kommissarin zu den schon bekannten hinzufügen möchten – ist mir die Eva Prohacek ganz selbstverständlich vertraut. Schließlich bin ich ja sogar ihre Taufpatin. Ich habe ihr diesen Namen gegeben. Heute weiß ich: Das würde die Eva nie anziehen, so würde sie sich nie hinsetzen oder nicht in diesem Moment, das würde sie nicht sagen, das ist nicht ihre Sprache ... Das kommt eigentlich nicht aus einem wohl überlegten Konzept, sondern mehr aus einer Intuition, aus einem Gefühl, das ich für die Eva habe.
Mit ihrem Assistenten, Hauptkommissar Langner, und ihrem Vorgesetzten Dr. Reiter bildet Eva Maria Prohacek ein ungleiches Trio. Wie hat sich das Verhältnis der drei untereinander seit Beginn der Reihe verändert?
Das Verhältnis darf sich eigentlich nicht verändern, sonst kippt diese Konstellation zwischen den Protagonisten, die ja Antagonisten sind. Privat freuen wir uns auf unsere Zusammenarbeit. Wir könnten uns nicht besser verstehen, so unterschiedlich wir drei sind. Beim Abschlussfest sehen wir für gewöhnlich einen kleinen Film, den der Schneideraum aus den abgebrochenen Szenen zusammensetzt. Da sehen wir dann immer erst, wieviel Blödsinn wir zusammen machen, der Gerd Anthoff, der Rudi Krause und ich. Wie oft einer von uns vor Lachen einfach nicht mehr weiter kann und abbrechen muss. Aber im Film "Unter Verdacht" traut die Eva dem Reiter nicht über den Weg und umgekehrt. Und dem Assistenten Langner traut sie nichts zu – um sich dann immer wieder von ihm und seiner Klugheit überraschen zu lassen.
Fast entsteht in ”Willkommen im Club” kurz der Eindruck, als fände zwischen Eva Maria Prohacek und ihrem ewigen Widersacher Dr. Reiter eine gewisse Annäherung statt. Ist das auf ihre weibliche Fähigkeit zur Empathie zurückzuführen oder auf reinen Pragmatismus, sich eine vorübergehende Schwäche zunutze zu machen?
Die Annäherung entsteht nur kurzzeitig. Der Herr Reiter versucht ein Pöstchen ganz oben in einer Partei zu ergattern, nur aus diesen Gründen hilft er Eva, Material gegen einen Politiker zusammenzutragen, der bereits ganz oben an der Parteispitze steht. Das ist Reiters am besten entwickelte Fähigkeit: der Opportunismus, der ihn sich kurz an Eva annähern lässt.
Eva Maria Prohacek hat nicht gerade ein gefestigtes Privatleben oder einen familiären Rückhalt, aus dem sie die Kraft schöpfen könnte, immer wieder den Attacken ihres Vorgesetzten oder der Selbstherrlichkeit der ihn umgebenden ”Amigos” die Stirn zu bieten. Woher nimmt sie ihre Standfestigkeit und ihren Mut?
Diese Einsamkeit der Eva Prohacek hat ein bisschen etwas von dem klassischen Prinzip "Einer gegen alle". Ob das jetzt ein "lonely cowboy" ist oder der eine Geschworene unter den Zwölfen, der gegen ein Fehlurteil ankämpft – es ist immer spannend zu sehen oder zu lesen, wie einer oder eine sich gegen eine Gesellschaft und ihre Ungerechtigkeiten durchzusetzen versucht. Ihren Mut nimmt die Eva sicher aus ihrem Gerechtigkeitsempfinden und sicher auch daraus, ihrem Leben einen Sinn zu geben.
Was bedeutet familiärer Rückhalt für Sie persönlich?
Ich bin ja ziemlich anders als die Prohacek. Zwar kann ich schon auch dickschädelig sein und habe seit meiner Kindheit ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden. Aber ich hätte niemals alleine leben können. Ich bin ja oft allein, wochenlang manchmal, wenn ich in einer anderen Stadt oder einem anderen Land drehe, aber ich bin nicht einsam. Das Alleinsein ist schon schwer genug. Aber ich weiß ja, ich werde erwartet. Ich weiß ja, ich kann anrufen und erzählen und um Rat fragen und mich ausweinen. Das ist ein großes Glück für mich.
Am 30. März 2006 erscheint Ihre Autobiografie. Was hat Sie dazu bewogen, Ihr Leben aufzuschreiben?
Ich kann ganz gut erzählen, und ich tu‘s auch gerne. Es entstehen dann ganz bunte Bilder in meinem Kopf, die Vergangenheit wird wieder gegenwärtig. ”Schreib das doch mal auf!” haben schon viele gesagt und mich damit dazu ermutigt. Mein Mann zum Beispiel oder Elke Heidenreich oder meine Kinder. Und ich habe mehr spielerisch begonnen, über meine Nachkriegskindheit und Jugend in Wien zu schreiben, über meine Anfänge am Theater. Und so ist nicht nur eine Erzählung über meinen Lebensweg entstanden, sondern auch ein Bild dieser Zeit. Das hat mich selbst überrascht, und ich glaube, das ist auch das Interessante daran.
Das Buch hat den Titel "Ich habe ja gewusst, dass ich fliegen kann". Damit will ich nicht nur von den Träumen eines kleinen Mädchens aus der Wiener Vorstadt erzählen, sondern auch davon, dass das Leben von mir oft Mut verlangt hat, den ich aufbringen musste, um zu bestehen. Den Mut zum Fliegen.
In ”Willkommen im Club” spielen Sie, wie schon vergangenes Jahr in ”Emilia”, an der Seite Ihrer jungen Kollegin Anna Schudt. Inwiefern gibt Ihnen die Arbeit mit jungen Schauspieltalenten neue Impulse, und wie können diese aufstrebenden Jungschauspieler Ihrer Meinung nach von Ihrer langjährigen Erfahrung profitieren?
Das Schöne an meinem Beruf ist, dass man bei der Arbeit immer von allen Altersklassen umgeben ist. Gut, seit einiger Zeit sind fast alle Mitarbeiter jünger als ich. Erst war ich richtig überrascht – wer rechnet denn mit so was? Jetzt habe ich mich daran gewöhnt. Es ist auch nichts Besonderes. Alt sein oder Jung ist noch kein Kriterium, auch kein künstlerisches. Der Austausch beim Spielen, das Klima hängt nicht davon ab. Neue Impulse kann ich auch von dem 95 Jahre alten George Tabori bekommen oder von einem Kind, das völlig unbewusst mit mir im Film spielt. Wenn man gut zusammengespielt hat, nimmt man auf jeden Fall etwas davon mit nach Hause und sei es auch nur das Gefühl, dass man einen wunderbaren Beruf hat. (Das Interview führte Claudia Schrader, ZDF Presse)
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